Vorsorgebrief 1/2016

Vorsorgbrief 1/2016 – Newsletter zum Vorsorgerecht

Themen im Überblick

  1. EU-Erbrechtsverordnung, Nachlasszeugnis, Rechtswahl (zu 1/2012 Nr. 4)

    Vorsorgen nicht vergessen
    Vorsorge ist Fürsorge
  2. Änderungen FamFG
  3. Kosten im Erbscheinsverfahren
  4. Zuwendungen an Schwiegerkinder (zu Nr. 2/2010 Nr. 7)
  5. Interessenkollision bei Vertretung einer Miterbengemeinschaft
  6. Verzicht auf Nießbrauch und Schenkungssteuer
  7. Gutachterkosten bei der Erbschaftssteuer (zu VB 2012 Nr. 2)
  8. Abziehbarkeit von Prozesskosten (zu VB 2/2012 Nr. 6 u. 2./2010 Nr. 4)
  9. Pflegeleistungen bei der Erbschaftssteuer (zu VB 1/2014 Nr. 4)
  10. Pflege und Einkommenssteuer

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  1. EU-Erbrechtsverordnung, Nachlasszeugnis, Rechtswahl (zu 1/2012 Nr. 4)

Seit dem 17. August 2015 gilt die Europäische Erbrechtsverordnung unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten außer Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich.
Die Erbrechtsverordnung dürfte die wichtigste Änderung des Erbrechts seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum 1. Januar 1900 sein.
Sie versucht vor allem eine einheitliche Regelung des anwendbaren Rechts bei internationalen Erbfällen. Eine „Nachlassspaltung“ soll vermieden werden. Früher waren bei einen Nachlass verschiedene Rechtsordnungen anwendbar, so wurde etwa ein Teil des Nachlasses nach deutschem Erbrecht, an anderer Teil nach französischem Recht abgewickelt.

Erleichtert wird auch die Anerkennung von (gerichtlichen) Entscheidungen, vor allem dem europäischen Erbschein, dem „Nachlasszeugnis“.
Ein Nachlasszeugnis legitimiert die Erbenstellung in den EU-Mitgliedstaaten.

Hierfür gibt es nunmehr umfangreiche Formblätter (Durchführungsverordnung).

Aufgrund dieser europäischen Regelungen mussten auch die deutschen Vorschriften angepasst werden (IntErbRVG), die auch zum 17. August 2015 in Kraft getreten sind.

Zentrale Regelung: Das anwendbare Recht richtet sich nach dem Wohnsitz bzw. letzten Aufenthalt des Erblassers. Rein vorsorglich sollte daher im Testament an eine Rechtswahl gedacht werden, insbesondere für diejenigen, die längere Zeiten im Ausland verbringen.

  1. Änderungen des FamFG

Anlässlich der neuen EU- Erbrechtsverordnung (Nr. 1) wurden einige Vorschriften zum Erbscheinsverfahren mit dem „Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften“ vom 29. Juni 2015 in das FamFG überführt. FamFG = Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Das Gesetz ist zeitgleich mit der Erbrechtsverordnung am 17. August 2015 in Kraft getreten.

Die Neuregelung ist anwendbar auf alle Erbfälle seit dem 17. August 2015. Für Erbfälle davor sind die bisherigen Vorschriften anzuwenden.

Für die Praxis dürfte es kaum relevante Neuerungen geben.
Eine Änderung, die nunmehr in § 352a FamFG aufgenommen wurde, könnte hilfreich sein: Anders als bisher soll künftig im Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins die Angabe der Erbteile der Miterben nicht mehr erforderlich sein, wenn alle Antragsteller im Antrag auf die Angabe der Erbteile verzichten.
Diese Regelung kann künftig die Erbscheinserteilung bei solchen Erbfällen beschleunigen, in denen die Erbanteile ansonsten mühsam ermittelt werden müssten. Warum ist dies so?
Zuweilen weisen Erblasser den Erben bestimmte Gegenstände zu. Die Erbquote kann sich dann nach dem Wert dieser Gegenstände richten. Wenn etwa A das Haus, B einen Gesellschaftsanteil und C das Ferienhaus erhält, könnte sich die Erbquote nach dem Verhältnis der jeweiligen Werte richten.
Bisher war es nötig, die Gegenstände zu bewerten. Setzt man z.B. das Haus mit 300.000 Euro, den Gesellschaftsanteil mit 200.000 Euro und das Ferienhaus mit 100.000 Euro an, würde A=1/2 – die Hälfte erben, B = 1/3 und C =1/6.
Die Bewertung hat häufig unnötigen Aufwand, Kosten und Streit zur Folge.

Für die Abwicklung des Nachlasses reicht häufig ein Erbschein, der lediglich die Miterbeben – ohne Angabe der Quote – bestimmt.

Empfehlung: Bei dem Erbscheinsantrag sollte immer zunächst geprüft werden, ob eine genaue Angabe der Erbquoten erforderlich ist.

  1. Kosten im Erbscheinsverfahren

Zum 1. August 2013 trat die Reform des Kostenrechts in Kraft. Dadurch entstehen im Erbscheinsverfahren deutlich höhere Kosten.

Zu unterscheiden sind die Gebühren, die mit der Beantragung des Erbscheins bei Gericht entstehen und solche, die beim Anwalt entstehen.

Die Gebühren des Gerichts für den Erbschein: 

Eine Gebühr nach der Werttabelle B für den Erbscheinsantrag. Eine weitere Gerichtsgebühr entsteht bei der meist notwendigen eidesstattlichen Versicherung (12210 Abs. 2 KV i.V.m. Nr. 23300 KV).

Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Geschäftswert (§ 40 GNotKG) und der Werttabelle B.

Der Geschäftswert ist der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten werden abgezogen.

Wird nur ein Teilerbschein beantragt, richtet sich der Geschäftswert nach dem Anteil dieses Miterben.

Beispiel:        Wird ein Alleinerbschein beim Amtsgericht beantragt, entstehen bei einem Nachlass von 300.000 Euro regelmäßig 2 Gebühren in Höhe von 1.270 Euro.

Tipp:              Viele Gerichte „bitten“ Antragsteller um die Beantragung des Erbscheins beim Notar. Das können Sie machen, zahlen dann aber mehr: Auslagen und 19 % Umsatzsteuer. Bestehen Sie also auf die Antragstellung beim Nachlassgericht.

Weitere Hinweise zum Erbscheinsverfahren und Kosten: www.erbschein-antrag.de

Anwaltsgebühren bei Beantragung eines Erbscheins

Die Anwaltsgebühren richten sich nach dem Geschäftswert – bzw. dem Erbteil des Mandanten. Ist dieser Alleinerbe und beträgt der Geschäftswert (wie eben) 300.000 Euro, belaufen sich die Anwaltskosten für die Stellung des Erbscheinsantrages auf brutto 2.397,13 (0,8 Gebühr).
Ist eine weitergehende Tätigkeit vor dem Nachlassgericht erforderlich, erhöht sich die Gebühr auf insgesamt brutto 3.880,47 Euro (1,3 Verfahrensgebühr).
Weitere Gebühren können entstehen, etwa Termins- und Beweisgebühren, sind im Erbscheinsverfahren aber eher selten.

Kosten bei Beschwerde gegen Erbschein

Die Kosten des Gerichts und meist der Anwälte richten sich nach dem Geschäftswert im Rechtsmittelverfahren (Beschwerde). Der Geschäftswert richtet sich in erster Linie nach dem Antrag (§ 61 Abs. 1 S. 1 GNotKG).

Ein solcher Antrag bzw. das Begehren kann darauf gerichtet sein, den vom Antragsteller beantragten Erbschein aufzuheben bzw. den Erbscheinsantrag zurückzuweisen.

Das Aufhebungsbegehren umfasst den Wert des Nachlassanteils des von dem anderen Erbprätendenten beantragten Erbscheins. Das wird dann meist der gesamte vom Erbschein umfasste Nachlass sein. Schließlich ergeht inhaltlich eine Entscheidung, die nicht nur den Anteil des Beschwerdeführers betrifft, sondern die Rechtsstellung „aller Beteiligten“.

Die Gerichtsgebühren werden gedeckelt: in zweiter Instanz auf 800 Euro und in der Rechtsbeschwerdeinstanz auf 1.200 Euro (12220, 12230 KV GNotGKG).

Die Festsetzung des Geschäftswertes durch das Gericht beeinflusst aber auch die Rechtsanwaltsgebühren, § 32 Abs. 1 RVG. Möglicherweise sind die Anwaltskosten für den Rechtsmittelführer nach § 33 Abs. 1 RVG nach unten auf Wert von dessen behaupteten Erbteils zu korrigieren.

Für die Anwaltsgebühren des Rechtsmittelgegners, wenn der Anwalt von den Miterben bzw. Alleinerben beauftragt ist, ist der volle Ansatz des Geschäftswertes gerechtfertigt. Denn dieser ist auch Gegenstand seines Auftrages.

Die Details sind umstritten. Die Oberlandesgerichte Hamm, Schleswig und Düsseldorf geben auf die aufgeworfenen Fragen unterschiedliche Antworten. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Ob und wann sich eine einheitliche Praxis durchsetzen wird, steht in den Sternen, da die Beschwerde an den Bundesgerichtshof gegen Entscheidungen über die Festsetzung von Geschäftswerten nicht statthaft ist.

Kostenentscheidung im Erbscheinsverfahren

Wer trägt die Kosten im Erbscheinsverfahren – derjenige, der den Erbschein beantragt, oder der sich gegen die Erteilung wehrt, oder beide?

Die Frage wurde im § 81 Abs. 1 FamFG neu geregelt. Danach kann einem der Beteiligten im Verfahren sowohl die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten (etwa Gutachter- oder Anwaltskosten) auferlegt werden. Früher trugen die Beteiligten ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst. Wem wird nun das Gericht die Kosten aufs Auge drücken?
Wie so häufig divergieren die Entscheidungen der Gerichte. Der Bundesgerichthof hat nur markiert: Alle Einzelumstände des Falls seien zu berücksichtigen auch die Frage des Unterliegens. Naheliegend ist demjenigen die Kosten aufzudrücken, der letztlich „Unrecht“ hatte. Aber so einfach ist es dann auch wieder nicht. Beim Erbscheinverfahren  handelt es sich eben um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und es herrscht der Amtsermittlungsgrundsatz. Die Wahrheitsfindung sollte nicht durch das Risiko der Kostentragung behindert werden.

Den Gerichten verbleibt ein erheblicher Beurteilungs- und Ermessensspielraum bei der Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat.
Verständlicherweise wollen Mandanten vor dem Verfahren über die Kosten aufgeklärt werden. Die ist im Erbscheinsverfahren praktisch kaum möglich. Der Mandant muss also immer mit dem Schlimmsten rechnen.

  1. Zuwendungen an Schwiegerkinder (zu Nr. 2/2010 Nr. 7)

Häufig wenden Schwiegereltern dem Schwiegerkind eine Haushälfte oder Geld zum Zwecke eines Hausbaus oder Hauskaufs zu. Kann man die Zuwendung bei Trennung / Scheidung zurückfordern?

Seit der Entscheidung des obersten deutschen ordentlichen Gerichts, dem Bundesgerichtshof vom 3. Feb. 2010 (XII ZR 189/06), sind Zuwendungen der Schwiegereltern an Schwiegerkinder dem Schenkungsrecht zu unterstellen. Auf diese sind auch die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, sowie die Bereicherungsansprüche wegen Zweckfortfalls anwendbar. In besonderen Situationen kann daher bei Trennung und Scheidung eine Rückforderung der Schenkung gerechtfertigt sein.

Bei der Ermittlung der Höhe der Rückforderung ist jedoch auch die Dauer zu berücksichtigen, für die das eigene Kind von der Schenkung profitiert hat.

Hinweis:        Je länger die Ehe, desto geringer wird der Rückforderungsanspruch.

Die Gerichtsentscheidungen zu den Schenkungen an Schwiegerkinder machen deutlich, wie schwierig die Rückforderung sein kann. Die Entscheidungen sind vor allem kaum vorhersehbar.
Daher empfiehlt sich, bei Schenkungen Regelungen für den Trennungs- und Scheidungsfall zu vereinbaren.

Schenkungen an Schwiegerkinder sollten reiflich überlegt sein. Aus steuerlichen Gründen ist zu beachten, dass die Schwiegerkinder lediglich einen Freibetrag von 20.000 Euro haben. Daher sollten Schenkungen grundsätzlich eher bzw. zunächst an das eigene Kind erfolgen (Freibetrag 400.000 Euro).

Bei der Zuwendung sollte auch die Frage beantwortet werden, ob diese auf den Pflichtteil angerechnet werden soll (§ 2315 BGB) oder ob eine Ausgleichung (§§ 2050 ff. BGB) nötig ist.

Das begünstigte Kind sollte dann eine Regelung zur Rückforderung mit dem Partner für den Fall der Trennung / Scheidung treffen.

Gerade bei dem Erwerb von Immobilien mit unterschiedlichem Eigenkapital (Ehefrau trägt etwa 30 % der Kosten, der Ehemann 70 %) und dennoch zu gleichen Bruchteilen (Eheleute werden hälftig im Grundbuch eingetragen) führt dies zu einer Vermögensverschiebung. Dies kann über den Zugewinn nur teilweise ausgeglichen werden. Daher sollte an eine abweichende Erwerbsquote der Ehegatten gedacht werden.

Ist einer der Ehegatten bereits Eigentümer, ist auch ein Verkauf an den anderen Ehegatten erwägenswert, um eine inadäquate Behandlung beim Zugewinn zu vermeiden.

Auch bei Scheidungsvereinbarungen ist auf den Rückübertragungsanspruch der Schwiegereltern zu achten. In einem Fall vor dem Bundesgerichtshof vom 26. November 2014 hatten die Ehegatten in einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung die Übertragung der Immobilie vereinbart und Zugewinnausgleichsansprüche abgegolten. Nach der Scheidung nahmen die Schwiegereltern den Schwiegersohn wegen der von ihnen geleisteten finanziellen Zuwendungen in Anspruch. An den Rückforderungsanspruch hatten die Eheleute nicht gedacht. Hätten sie daran gedacht, hätte ein Anspruch auf Freistellung des Schwiegerkindes gegenüber dem Kind nahegelegen.

  1. Interessenkollision bei der Vertretung einer Erbengemeinschaft

Häufig kommen Miterben zu mir in die Kanzlei und wünschen Hilfe bei der Erbauseinandersetzung. Gerne berate ich die Miterben – aber das geht nur in bestimmten Grenzen. Eine allgemeine Rechtsberatung der Miterben über die Erbauseinandersetzung kann ohne Weiteres erfolgen.

Weichen die Erben von den gesetzlichen Regeln der Erbauseinandersetzung ab, so wird eine einvernehmliche Auseinandersetzung nicht möglich sein. Möchte beispielsweise einer der Miterben das Nachlassgrundstück und der andere Miterbe dieses ihm nicht überlassen, so bestehen Interessengegensätze.

Dem Anwalt ist es dann untersagt, beide Miterben wegen widerstreitender Interessen zu vertreten (§ 356 StGB; § 43a Abs. 4 BRAO; § 3 Abs. 1 BORA).

Das Mandat muss dann beendet werden für beide. Die weitere Vertretung auch nur eines der Miterben – in der selben Rechtssache – ist dann nicht mehr möglich. Die Miterben müssen sich dann möglicherweise andere Anwälte suchen.

  1. Verzicht auf Nießbrauch

Unterliegt der Verzicht auf den Nießbrauch der Schenkungssteuer?

Viele Eltern haben ihren Ehegatten oder auch Kindern ein Haus unter Vorbehalt eines Nießbrauchs- bzw. Wohnrechts übertragen.
Eigentümer sind die Kinder geworden, aber die Eltern haben die lebenslange Nutzung vorbehalten.

Zuweilen entsteht später der Wunsch, auf den Nießbrauch- oder das Wohnrecht zu verzichten, etwa wenn der Schenker auf die Erträge nicht mehr angewiesen ist oder in ein Altenheim zieht.

Wird auf den Nießbrauch oder das Wohnrecht verzichtet, kann hierin wieder eine Schenkung gesehen werden, § 7 Abs. 1 Nr. ErbStG.

Gerade bei Schenkungen, die vor dem 1. Januar 2009 erfolgt sind, könnte dies zu einer Doppelbesteuerung führen, weil nach früherem Recht der Nießbrauch nicht in vollem Umfang von der Schenkungssteuer abgezogen werden konnte. Die Schenkungssteuer wurde nach altem Recht lediglich gestundet (§ 25 ErbStG a.F.).

Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, hat der Bundesfinanzhof nun entschieden (Urteil vom 20. Mai. 2014, Az. II R 7/13), von der an sich zu versteuernden Bemessungsgrundlage für den Verzicht den Kapitalwert des ursprünglichen Nießbrauchs bereicherungsmindernd abzuziehen.

Dann wird es regelmäßig zu keiner Steuer kommen, da der Kapitalwert des Nießbrauchs im Zeitpunkt der Schenkung des nießbrauchbelasteten Hauses meist geringer sein wird.

Etwas anders gilt, soweit- insbesondere nach neuem Recht – der Nießbrauch steuerlich abgezogen werden konnte. Hier kann es naturgemäß zu keinem Abzug kommen.

  1. Gutachterkosten bei der Erbschaftssteuer (zu Vorsorgebrief 2012 Nr. 2)

Die Finanzverwaltung hat in gleichlautenden Erlassen vom 5. Juni 2014 klargestellt:

In Erbfällen sind die Kosten eines Gutachtens für die Ermittlung des gemeinen Wertes beim Grundbesitz als Nachlassregulierungskosten voll abzugsfähig.

Dies gilt auch bei Schenkungen unter Lebenden, da es sich aus Sicht des Erwerbers um zwangsläufige Kosten handelt (gleichlautende Erlasse vom 16. März 2012).

  1. Abziehbarkeit von Prozesskosten (zu Vorsorgebrief 2/2012 Nr. 6)

Aufwendungen für die private Lebensführung können nur ausnahmsweise bei der Einkommenssteuer als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist hin und her gependelt. Das Pendel ist nun zu Ungunsten der Steuerzahler ausgeschlagen. Der Bundesfinanzhof hat die Absetzbarkeit von Prozesskosten eingeschränkt – und in der Folge auch der Gesetzgeber.

Der Bundesfinanzhof hat in einer Entscheidung (zur alten Rechtslage) vom 18. Juni 2015 (Az. VI R 17/14) die Kosten des Anwalts und die Gerichtskosten für die Erteilung eines Erbscheins in Höhe von fast 8.000 Euro nicht als außergewöhnlichen Kosten anerkannt.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ist ein Abzug nur noch möglich, wenn der Steuerpflichtige Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und er seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen kann, § 33 Abs. 2 S. 4 EStG.

Der Abzug von Prozesskosten dürfte damit nur in ganz wenigen Fällen möglich sein. Wie die Vorschrift vom Bundesfinanzhof ausgelegt werden wird, ist noch offen. Es laufen aber bereits Revisionsverfahren.

  1. Pflegeleistungen bei der Erbschaftssteuer (zu Vorsorgebrief 1/2014 Nr. 4)

Soweit Pflegeleistungen nicht als Erblasserschuld bereits bei der Erbschaftssteuer abgezogen werden können, kann die Steuerbefreiung für erbrachte Pflegeleistungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG helfen.

Hier muss der Begünstige (Beschenkte bzw. Erbe) dem Erblasser/Schenker unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt Pflege und Unterhalt gewährt haben. Zu Pflege und Unterhalt gehören auch weitere Unterstützungsleistungen bei der Hausarbeit, Erledigung von Botengängen, Schriftverkehr, Einkäufe, persönliche Begleitung bei Arztbesuchen, u.a. (vgl. BFH Urteil v. 11. 9.2013)- II R 37/12).

Der Freibetrag soll nach der Finanzverwaltung allerdings nicht zur Anwendung kommen, falls der Begünstigte aufgrund unterhaltsrechtlicher Bestimmungen – abstrakt – zur Pflege verpflichtet wäre, etwa nach § 1360 oder § 1601 BGB.

Das kann nicht überzeugen. Der Ausschluss vom Freibetrag ist nur gerechtfertigt, wenn eine tatsächliche Verpflichtung im konkreten Einzelfall besteht, so auch die Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen (Urteil vom 20. April 2012, 3 K 229/11). Eine Klärung durch den Bundesfinanzhof steht noch aus.

Tipp: Vorteilhaft kann es daher sein, mit dem Erblasser ein schriftliches – entgeltliches – Dienstleistungsverhältnis zu vereinbaren, um eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit zu begründen. Etwas anderes mag allerdings wiederum gelten, wenn dieses Entgelt einkommensteuerpflichtig ist (nächster Beitrag Nr. 10).

  1. Pflege und Einkommenssteuer

Entgelt für Pflegeleistungen im Rahmen einer familiären Lebensgemeinschaft sind nach dem Bundesfinanzhof keine einkommenssteuerlich relevanten Einkünfte, (BStBL II 1999, 776).

Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn die Zahlungen die „Grenze zur Einkünfteerzielung“ überschreiten.

Besteht keine familiäre Grundlage, werden erbrachte Pflegeleistungen gegen Entgelt regelmäßig gewerbliche Einkünfte nach § 15 EStG sein (BFH Urteil vom 20. März 2013, X R 15/11).

 

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